Individuelle Betreuung von Kultur-Spendern

28. September 2012 / Sebastian Hildebrandt / Kein Kommentar

Interview mit KM Kulturmanagment Network

Dirk Heinze von KM Kulturmanagment Network interviewte Sebastian Hildebrandt, geschäftsführender Gesellschafter der +innovations GmbH

Der Österreichische Fundraising Kongress bietet in diesem Jahr erstmals ein Datenbank-Special. Warum sind Datenbanken beim Fundraising überhaupt wichtig?

So wie Kunden-Datenbanken im Unternehmensbereich eine hohe Bedeutung zukommt, ist dies im Non-Profit-Bereich nicht anders. Bei Customer-Relationship-Management-Systemen (CRM) in Unternehmen ist der Fokus nicht der kurzfristige Erfolg, sondern der Wert eines Kunden über den gesamten Lebenszyklus der Geschäftsbeziehung. Im Non-Profit-Bereich geht es ebenfalls darum, den Life-Time-Value eines Unterstützers oder Förderers zu betrachten und diesen zu steigern.

Was wird dabei erfasst?

Der Begriff Datenbank suggeriert ja zunächst mal so etwas wie ein Gefäß, um etwas zur späteren Verwendung aufzubewahren. Grob kann dies in zwei Teilbereiche getrennt werden: zum einen die Stammdaten, also Name, Kontaktinformationen, Interessen und meist auch familiäre oder berufliche Beziehungen. Neben den Stammdaten werden zudem alle „Bewegungsdaten“ oder Transaktionsdaten gespeichert, also die vollständige Kommunikation, die mit einer Person geführt wurde, z.B. alle gesendeten Briefe, Telefonate, Spenden, die eine Person getätigt hat, langfristige Spendenvereinbarungen etc. Diese Kommunikationshistorie ist besonders wichtig, repräsentiert sie doch das „Verhalten“ einer Person. Dies ist komplexer, als es auf den ersten Blick klingt. Spenden können z.B. über Bankenschnittstellen und entsprechende Kodierungen automatisch in die Datenbank eingespielt werden und der richtigen Person zugeordnet werden. Langfristige Spendenvereinbarungen können automatisiert abgearbeitet werden und hierbei die Konten oder Kreditkarten der Spender belasten. Dies ist eine enorme Arbeitserleichterung. Es geht also nicht nur um eine Speicherung von Daten, sondern vielmehr auch um eine Unterstützung von Prozessen. Beim Kontakt mit Förderern könnten dies telefonische Anfragen sein, Bestellungen, Spendenverbuchung, Wünsche nach Spendenbestätigungen, Adressänderungen, u.s.w. Das analytische CRM umfasst hingegen Werkzeuge wie Reporting zur Bewertung vergangene Aktivitäten, Controlling-Funktionen, Datenanalyse, oder auch die Bewertung von Kundenverhalten. Hier werden die vielfältigen Informationen aus der Datenbank zu Performance-Indikatoren kumuliert und helfen somit Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Gerade in diesem Teilbereich liegt aus meiner Sicht der große Mehrwert: Lerneffekte für die Organisation werden damit sehr beschleunigt und ermöglichen ein zielgerichteteres Vorgehen. Als dritter Teilbereich kann noch das kollaborative CRM genannt werden, wo es um die Einbindung von Partnern und um Abbildung von Kommunikationsprozessen geht. Dies hat bei vielen NPOs aber wenig Bedeutung.

Steht das Erfassen von Spenderdaten nicht im Widerspruch zur individuellen Betreuung der Spender?

Ich denke nicht, daß hier ein Widerspruch besteht. Eine individuelle Betreuung von Spendern oder Unterstützern beruht doch immer auch auf Informationen, die ich aus der Vergangenheit mit dieser Person erfahren habe bzw. aus ihrem vergangenen Verhalten. Das war ja schon zu Zeiten des Tante-Emma-Ladens nicht viel anders. Auch hier habe ich meine Kunden „gekannt“ und entsprechend betreut. Wenn eine Organisation eine Vielzahl von Kontakten hat, wird es immer schwieriger, einen vollständigen überblick über alle Informationen zu erhalten. Eine Datenbank kann hier eine große Unterstützung bieten. Diese Informationen stehen dann auch allen Personen zur Verfügung, die mit der Betreuung von Unterstützern betraut sind und sind nicht nur „Wissen“ eines Einzelnen in der Organisation. CRM-Systeme helfen, die richtigen Personen, über den richtigen Kanal zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Projekt zu kontaktieren. Müssten diese Individualisierungen in der Kommunikation sowie z.B. Erinnerungen oder Terminvorlagen immer manuell verwaltet und bearbeitet werden, würde dies schnell die Ressourcen (personelle Kapazitäten und Kosten) einer Organisation übersteigen.

Welches Potenzial sehen Sie insbesondere für den Kulturbereich? Setzen Museen, Konzerthäuser oder Theaterbetriebe Software für ihre Fundraising-Aktivitäten ein?

Der Kulturbereich ist wie der Non-Profit-Bereich oft auf Zuwendungen angewiesen. Beispiele gibt es dazu aus sehr unterschiedlichen Kulturbetrieben. Welches Potential sich daraus ergibt, lässt sich meist nur individuell beurteilen. Zunächst ist es wichtig, das ein Museum oder Theater dazu eine Kommunikationsstrategie entwickelt: Was sind Projekte, mit denen überhaupt Fundraising durchgeführt werden kann? Soll der Schwerpunkt auf Großspenden liegen oder geht es um die Etablierung einer breiteren Spenderbasis? Welches ist dabei eine potentielle Zielgruppe? Wie schaffe ich hier eine Identifizierung des Unterstützers mit dem Kulturbetrieb? Sind Kombinationen aus Produkt mit Spende denkbar? Ein Beispiel ist das Kunsthistorische Museum in Wien, das Fahrradhelme zu 49 Euro angeboten hat. 28 Euro flossen dabei ins Produkt, immerhin 21 Euro gingen als Spende an das KHN. Aus einem solchen Gesamtkonzept ergeben sich dann individuell die Potentiale, die ein Kulturbetrieb über Fundraising-Aktivitäten hat.

Die meisten setzen ja bereits Datenbanken zur Erfassung der Kundenadressen ein. Besteht nicht die Gefahr von Parallelwelten, wenn weitere Software für das Fundraising angeschafft wird?

Diese Gefahr ist tatsächlich groß, da es hier oft große überschneidungen und damit ein großen Potential an Synergien gibt. Um diese Problematik zu umgehen, gibt es im Prinzip zwei Herangehensweisen: Die eine ist ein integriertes IT-System, das beide Welten vereint und damit alle Prozesse aus einem System heraus unterstützt. Die andere ist ein System aus verschiedenen Teil-Systemen, die über Schnittstellen miteinander verbunden sind. Beide Szenarien haben ihre Vor- und Nachteile: Bei einem integriertes System muss nur ein IT-System betreut werden. Es bietet auch in der Bedienung alles aus einem Guss – der Lernaufwand ist damit i.d.R geringer. Die Implementierung von Schnittstellen fällt zudem weg. Meist gibt es jedoch kaum Standard-Lösungen, die alle spezifischen Prozesse einer Organisation abdeckt.Die Alternative ist eine IT-Landschaft aus unterschiedlichen, standardisierten Teillösungen. Diese sind ja meist auf ganz bestimmte Prozesse spezialisiert und können diese oft besser abdecken. Die Herausforderung hier ist die Verbindung dieser Systeme. In beiden Fällen muss sich eine Organisation aber über den Nutzen und den Mehrwert klar werden. Dieser Nutzen sollte ja auch die Kosten (die nicht zu unterschätzen sind) der Integration übersteigen.

Worin unterscheiden sich die einzelnen Anbieter voneinander?

Die Bandbreite der angebotenen Lösungen ist recht groß. Die einzelnen Anbieter bieten zum Teil sehr unterschiedliche Schwerpunkte, meist in Abhängigkeit, aus welchem Bereich die jeweiligen Projekte entstanden sind. Zum einen gibt es eine Reihe von Lösungen, die sich auf den Bereich Fundraising spezialisieren (Mittelherkunft), dann wiederum auch welche, die eher den Bereich Mitgliederverwaltung abdecken, andere wiederum sind mehr im Bereich Veranstaltungsmanagement oder Projektverwaltung zuhause. Wichtig ist also zunächst genau festzulegen, welche Anforderungen an ein IT-System wirklich bestehen und welche Prozesse dabei unterstützt werden sollen. Damit kann dann ein Ausschreibungsprozess beginnen und auf die unterschiedlichen Lösungs-Anbieter zugegangen werden. Auch auf der technischen Seite unterscheiden sich die angebotenen Lösungen stark voneinander: Hier gibt es sowohl Inhouse-Lösungen, also Lösungen, bei denen Soft- und Hardware bei der Organisation liegen, als auch ASP-Lösungen (Application Service-Providing), bei dem keine Software gekauft wird, sondern die Bereitstellung der Datenbank (über eine verschlüsselte Internet-Verbindung) bezahlt wird. Hier benötigt die Organisation also keine eigene Server-Hard- oder Software.

Und mit welchen einmaligen sowie laufenden Kosten muss man bei solchen Datenbanken rechnen?

Die Kostenfrage ist nicht einfach zu beantworten. Kosten können von unter 10.000 Euro bis weit über 200.000 Euro liegen. Hier gibt es eine Reihe von Teil-Kosten, die berücksichtigt werden müssen. Dabei sind die angebotenen Kosten seitens eines Lösungsanbieters immer nur ein Teil der Gesamtkosten. Hinzu kommen ja noch interne Kosten für Personal, Software-Auswahlprojekt, Change Management, Schulung, etc. Die Software-Kosten können durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst werden:

Bei den Implementierungskosten sind dies:

  • Funktionsumfang, der durch ein IT-System abgedeckt werden soll- Schnittstellen zu anderen Systemen
  • Maß der notwendigen Individualisierung- Datenbankgröße (meist Anzahl der aktiven Datensätze in der Datenbank)
  • Anzahl der Benutzer- Datenübernahme aus Alt-Systemen- Evtl. Kosten von Fremdlizenzen- Hardwarekosten

Bei den laufende Kosten sind dies:

  • bei Software-Kauf: Wartung und Support (oft ca. 20% des Auftragsvolumens der Software); laufende zusätzliche Lizenzgebühren; operative Personalkosten
  • bei Software-Miete: Mietkosten

Um die verschiedenen Angebote auch von der Kostenseite vergleichbar zu machen, ist in jedem Fall eine Modellrechnung über fünf Jahre (Implementierung und laufende Kosten) zu empfehlen. Erst in einem längeren Zeitraum werden die unterschiedlichen Kostenmodelle vergleichbarer.

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